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Juristinnen und Juristen im Dialog: JuristInnen im Richteramt

Online-Veranstaltung in der Veranstaltungsreihe "Juristinnen und Juristen im Dialog"

Am 14.04.2021 fand zum bereits zwölften Mal eine Veranstaltung in der Reihe „Juristinnen und Juristen im Dialog“ statt, zu der Frau Prof. Dr. Katharina Lugani als Fakultätsgleichstellungsbeauftragte herzlich einlud. Dieses Mal sollte es um „JuristInnen im Richteramt“ gehen und zu diesem Zweck waren den fast 150 Teilnehmerinnen per Zoom Frau Dr. Bianca Walther und Herr Dennis Rose zugeschaltet.

Frau Dr. Bianca Walther ist Richterin in einer Berufungskammer am Landgericht Düsseldorf. Sie wendet neben dieser „normalen“ Tätigkeit als Richterin die Hälfte ihrer Arbeitszeit für die Verwaltungstätigkeit des Gerichts auf, d.h. sie ist zugleich IT-Dezernentin und stellvertretende Pressesprecherin – denn schließlich fällt in Gerichten auch viel Arbeit abseits des Gerichtssaals an. Frau Dr. Walther kennt die Universität Düsseldorf recht gut, denn sie hat hier studiert und bei Herrn Prof. Dr. Looschelders promoviert. Sie freute sich, zumindest virtuell für einige Stunden zurückkehren zu können. Daneben berichtete sie auch, dass sie zunächst als Anwältin tätig war, aber dann recht schnell feststellte, dass ihr der Beruf der Richterin mehr zusagte.

Herr Dennis Rose ist derzeit Richter für Strafrecht am Amtsgericht Düsseldorf. Auch er ist in der Verwaltung des Gerichts tätig (nein, das ist nicht sehr üblich, sondern eher ein Zufall). Er hat in Köln studiert und sich schon früh im Schwerpunkt auf den Bereich des Strafrechts konzentriert. Auch seine Laufbahn als Richter war mit Tätigkeiten im Referendariat u.a. beim Schöffengericht und später in der Wahlstation im Richteramt vorgezeichnet. Er konnte uns aus seiner Tätigkeit insbesondere von der Umstellung der Gerichte auf eine elektronische Aktenführung berichten.

Die Fragen der TeilnehmerInnen mehrten sich schnell und beide ReferentInnen berichteten unter anderem von ihrem normalen Arbeitsalltag. Es stellte sich heraus, dass die Tätigkeit als Richter ein hohes Maß an Selbstständigkeit erfordert – hat man doch keine festen Arbeitszeiten und keine Vorgesetzten, die Ergebnisse zu bestimmten Terminen fordern. Das hat aber gerade in der Corona-Pandemie den Vorteil, dass man auch viel aus dem Home-Office erledigen und sich in den Stoßzeiten vom Büro fernhalten kann. Die RichterInnen suchen sich sogar die Sitzungstermine selbst aus und legen die Verfahren dann auf einen bestimmten Tag in der Woche oder sogar im Monat, denn Kammergerichte tagen weniger häufig als der/die EinzelrichterIn. Und wie das Gericht von innen aussieht, zeigte Frau Dr. Walther, denn sie hatte ein Video des Schwurgerichtssaals vorbereitet. So konnten die TeilnehmerInnen zum ersten Mal einen Blick in einen Gerichtssaal aus der Richterperspektive werfen und sogar einmal kurz in das Beratungszimmer hineinsehen, das sonst ausschließlich den RichterInnen vorbehalten ist! Dabei wurde auch vom hauseigenen Gerichtsgefängnis erzählt, das einen separaten Aufzug direkt in den Gerichtssaal hat und von dem sicherlich das Gros der TeilnehmerInnen bisher nichts wusste.

So ganz ohne terminliche Verpflichtungen kommen aber auch RichterInnen nicht aus. Für Notfälle muss schließlich immer jemand zur Verfügung stehen. Daher haben RichterInnen am Amtsgericht etwa einmal im Quartal Bereitschaftsdienst entweder im Schichtdienst oder ein ganzes Wochenende, in dem sie ein mobiles Diensttelefon mitnehmen, um während dieser Zeiterreichbar zu sein. Laut Erfahrungsbericht der ReferentInnen ist das aber gar nicht so schlimm, schließlich gibt es in Düsseldorf große Gerichte und damit viele RichterInnen, sodass man gar nicht so oft an der Reihe sei.

Natürlich fragten die TeilnehmerInnen schnell auch nach den Einstiegschancen in den Beruf. Derzeit liegt die Grenze bei 7,75 Punkten im zweiten Staatsexamen und einem Befriedigend im ersten Staatsexamen. Aber gerade in diesen unsicheren Zeiten steigen das Interesse und damit die Noten, weil das Richteramt ein sicherer Beruf ist. Hat man jedoch die erforderlichen Noten, kann man sich beim zuständigen Oberlandesgericht bewerben. Interessant ist, dass man wie bei der Anmeldung zum Staatsexamen einen handgeschriebenen Lebenslauf einreichen muss. Auf die Bewerbung folgt eine Einladung durch das Oberlandesgericht zu einem  Assessment Center. Am Oberlandesgericht Düsseldorf ist dieses so gestaltet, dass ein Einzelgespräch und eine Gruppendiskussion mit und vor hochrangigen Persönlichkeiten der Gerichte geführt werden. In beiden Gesprächen geht es unter anderem um die persönliche Eignung zum Richteramt. Die BewerberInnen müssen beispielsweise einen Fall zu einem praxisnahen Problem lösen. Haben die BewerberInnen die Auswahlkommission überzeugt, erhält man noch am Tag des Assessment Centers bei einem Abschlussgespräch eine Zu- oder Absage. Leider darf man nicht selbst entscheiden, an welchem Gericht man im Oberlandesgerichtsbezirk anfängt, aber es ist möglich, Prioritäten zu nennen. Nach einiger Zeit ist auch ein Wechsel an ein anderes Gericht im Oberlandesgerichtsbezirk möglich.

Nach diesen klassischen Fragen wandte sich das Gespräch schnell weniger faktenbasierten Themen zu. Frau Dr. Walther und Herr Rose erzählten von ihren spannendsten Fällen und ihrem persönlichen Umgang mit den teils sehr emotionalen Fällen. Bisher haben sie noch keine Entscheidung bereut. Die Entscheidungsfindung und den Umgang hiermit erlerne man mit der Zeit.

Auch die Familienplanung sei relativ einfach. Viele RichterInnen hätten Kinder, seien in Elternzeit gegangen und/oder hätten ihre Arbeitszeiten verringert . Die Gerichte sind aufgrund der Selbstständigkeit, mit der RichterInnen arbeiten, sehr flexibel. Mittlerweile gebe es auf der Stufe R1 etwa 60% Richterinnen, während es in den höheren Besoldungsstufen noch umgekehrt sei (40 % Richterinnen). Doch im Staatsdienst achte man sehr auf Gleichstellung.

Obwohl die TeilnehmerInnen noch tausende Fragen hätten stellen können, musste die Veranstaltung doch irgendwann enden und so gaben Frau Dr. Walther und Herr Rose den Studierenden noch einige letzte Worte auf den Weg. So sollen sie sich immer umschauen und in ihrem Studium so viel mitnehmen, wie nur ginge, um alle Unsicherheiten bezüglich der Berufswahl zu beseitigen. Hierzu eigneten sich Praktika und die Stationen des Referendariats. Die ReferentInnen selbst freuen sich immer über Anfragen für Praktika und natürlich auch über weitere Fragen!

Wir dagegen möchten den beiden RichterInnen unseren Dank aussprechen für die außergewöhnliche Veranstaltung und ihre Offenheit und hoffen, es hat allen Teilnehmenden gefallen! Herzlicher Dank gilt auch den studentischen Hilfskräften Svenja Eckert und Marie Schetter für die Organisation der Veranstaltung. Jegliches Feedback kann gerne gerichtet werden an gsb.jura(at)hhu.de.