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Mini-Kolloquium IDC Herzliya 2019

Kolloquium mit dem IDC Herzliya am 13.12.

Am Vormittag des Fakultätsjubiläums fand am 13.12.2019 ein Kolloquium mit Professoren unserer Partnerfakultät der Harry Radzyner Law School am IDC Herzliya, Israel statt. Die Veranstaltung erfreute sich großen Zuspruchs. Das Publikum aus Professorenschaft, Mitarbeitern und Studierenden füllte den letzten Platz des Seminarraums. Das Kolloquium folgte dem Vorbild des jährlich stattfinden studentischen Austauschseminars, indem verschiedene rechtliche Fragestellungen aus israelischer und deutscher Sicht betrachtet wurden.

   

Nach den Grußworten der beiden Dekane, Frau Prof. Dr. Nicola Preuß und Herrn Prof. Amnon Lehavi, eröffnete Herr Prof. Assaf Jacob vom IDC Herzliya mit einem spannenden Vortrag zum Thema „AI Authorship, Ownership and Originality“ den ersten Themenblock des Kolloquiums. Nach einem kurzen Überblick über aktuell bestehende Schutzmöglichkeiten für künstliche Intelligenz und durch sie generierte Produkte veranschaulichte Prof. Jacob eindrucksvoll, vor welche Herausforderungen das bestehende (Immaterialgüter-)Recht bereits jetzt und in Zukunft gestellt wird. Im Vordergrund stand dabei u.a. die Frage, wer rechtlich als Autor und wer als Eigentümer künstlicher Intelligenz und der durch sie geschaffenen Produkte anzusehen ist. Um sich einer möglichen Beantwortung der Frage zu nähern, verwies Prof. Jacob auf Theorieansätze aus dem US-amerikanischen und dem englischen Recht.

Herr Prof. Dr. Rupprecht Podszun kommentierte den vorausgegangenen Beitrag anschließend aus deutscher Sicht. Einen besonderen Fokus legte er dabei auf die gesetzgeberische Verantwortlichkeit und das Bedürfnis nach einer vorwiegend ökonomisch geprägten Analyse, wenn es um die Frage nach neuen Schutzrechten ginge, die speziell auf künstliche Intelligenz zugeschnitten seien. Denn die Erweiterung von rechtlichen Schutzmöglichkeiten – insbesondere die Einführung von Exklusivrechten – laufe regelmäßig dem Schutz des Wettbewerbs entgegen.

Einen thematisch spannenden Abschluss fand der erste Block des Kolloquiums in einem „short view“ in die aktuelle Forschungsarbeit von Herrn Thilo Klawonn (wiss. Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und europäisches Wettbewerbsrecht, Prof. Dr. Podszun), der sich im Rahmen seiner Doktorarbeit mit dem Schutz von KI-generierter Musik auseinandersetzt. Um es nicht allein bei einer rechtlichen Würdigung der Thematik zu belassen, wagte er einen Blick über den juristischen Tellerrand hinaus und interviewte im Rahmen seiner Forschung mehrere Musikbranchenexperten zu Fragen rund um die zu erwartenden Entwicklungen im Bereich KI-generierter Musik.

Der zweite Teil des Kolloquiums wurde von Herrn Prof. Guy Seidman eröffnet, der über die Parallelen zwischen dem israelischen und deutschen Verwaltungsrecht referierte. Dabei stellte er die Besonderheit heraus, dass in Israel ein gemischtes System aus common und civil law vorzufinden ist. Israel hat sich dabei punktuell am deutschen Recht orientiert. Für die Zukunft rief er dazu auf, dass verwaltungsrechtliche deutschsprachige Literatur auch auf Englisch übersetzt würde, um diesen Export deutschen Rechts weiter zu ermöglichen.

Aus deutscher Sicht antwortete Herr Prof. Matthias Valta auf die aufgeworfenen Thematiken und ordnete sie vor dem Hintergrund des deutschen Rechts ein. Auch aus seinem Kommentar wurde die auch von seinem Vorredner betonte Wichtigkeit des Verwaltungsrechts als Instrument zur Durchsetzung des Rechts im Rechtsstaat deutlich.

Im dritten Teil des Kolloquiums trug Herr Prof. Adam Shinar vor zum Thema „Democratic backsliding and public administration“. Damit stellte er sein neues Forschungsprojekt vor, in dem er sich mit dem Verhältnis zwischen einer Stärkung der Bürokratie in der nicht gewählten und häufig wenig transparenten Exekutivgewalt einerseits sowie dem Rückgang von Demokratie zugunsten autoritärer Strömungen andererseits beschäftigt. Er beobachte das weltweite Phänomen des demokratischen Abbaus auch in Israel und führte als Beispiele die Schwächung des Supreme Courts sowie Veränderungen in der öffentlichen Verwaltung an. So würden Schutzvorschriften für die Verwaltungsmitarbeiter reduziert und neue Mitarbeiter aus dem Privatsektor eingestellt. Zudem würde Expertise aus spezialisierten Ministerien abgezogen und im Büro des Premierministers gebündelt – alles mit dem Ziel der politischen Einflussnahme.

In seinem darauffolgenden Kommentar bezeichnete Herr Prof. Christoph Schönberger die Entdeckung von Herrn Prof. Shinar als enorm wichtig, da sie sich nicht auf Vorgänge in Politik und Justiz, sondern auf die vorher kaum beachtete öffentliche Verwaltung beziehe. Es brauche Kriterien, um grundsätzlich neutrale politische Handlungen von solchen zu unterscheiden, die zu autoritären Regimen führen könnten. Er fragte sich, ob mit dem System des common law Besonderheiten verbunden seien, die sich in Rechtsordnung des civil law nicht oder nur abgeschwächt zeigten. Abschließend stellte Prof. Schönberger die Frage in den Raum, ob es einen Zusammenhang zwischen schwacher politischer Mehrheit sowie der Tendenz zur politischen Beeinflussung der Verwaltung gebe.

Das in dieser Form erstmalig durchgeführte Kolloquium zeigte einmal mehr den Wert und den Reiz des rechtsvergleichenden Austauschs auf. Die Gespräche konnten sodann beim abendlichen Festakt fortgesetzt werden. Auch 2020 bringt wieder neue Gelegenheiten zur Fortsetzung des Austauschs zwischen beiden Fakultäten.

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