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Grundregeln der Marktwirtschaft: Professor Podszun berät den Bundestag zur GWB-Novelle

Der Deutsche Bundestag befasst sich mit einer weitreichenden Neuregelung des Kartellrechts. Rat dafür holt er sich bei Professor Dr. Rupprecht Podszun, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, deutsches und europäisches Wettbewerbsrecht an der Heinrich-Heine-Universität. Podszun nimmt als Sachverständiger an einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Parlaments teil. Das Kartellrecht wird oft als Grundgesetz der Marktwirtschaft bezeichnet. Es enthält die fundamentalen Regeln, um den Wettbewerb zwischen Unternehmen zu schützen.

Bei der 9. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) geht es um sechs wichtige Komplexe. Besonderes Augenmerk richtet Podszun auf die Frage, wie die Regeln im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) angepasst werden können, um besser auf die Internetwirtschaft zu passen. Hier kann der deutsche Gesetzgeber wegweisende Impulse geben, damit der Wettbewerb auf Plattformmärkten und mit dynamischen Geschäftsmodellen besser erfasst werden kann. Ein zweites Thema ist, ob es Ausnahmen vom Kartellrecht für bestimmte Unternehmen geben sollte, zum Beispiel Presseverlage, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk oder Sparkassen. Podszun lehnt das ab: „In der Wissenschaft sehen wir es als große Errungenschaft an, dass es solche Ausnahmen heute fast nicht mehr gibt. Ökonomisch hilft es Unternehmen nur sehr kurzfristig, sich dem Wettbewerb zu entziehen.“ Ein Reizthema ist die Frage, ob das Bundeskartellamt Zuständigkeiten für die Durchsetzung des Verbraucherschutzes erhalten sollte. „Das wäre sowohl für diese schlagkräftige Institution als auch für das Verbraucherrecht in Deutschland ein Paradigmenwechsel“, so Podszun, „unter Juristen ist das sehr umstritten“. Bislang gibt es für viele Aspekte des Verbraucherschutzes keine Durchsetzungsbehörde in Deutschland. Podszun schlägt vor, dem Bundeskartellamt quasi probehalber kleinere Kompetenzen einzuräumen. Ebenfalls umstritten ist die Ministererlaubnis, die zuletzt im Fall Edeka/Tengelmann für Aufsehen sorgte. Podszun plädiert für die Abschaffung dieses Instruments. Mindestens sollte aber das Verfahren strukturierter ausgestaltet werden.

Mit der Gesetzesänderung sollen auch private Kläger erleichterte Möglichkeiten bekommen, Schadensersatz von Kartelltätern einzuklagen. "Hier haben wir insbesondere geprüft, ob die deutschen Regeln die Vorgaben des europäischen Rechts erfüllen.“ In diesem Bereich konnte Podszun auf Arbeiten seiner Düsseldorfer Professoren-Kollegen Nicola Preuß und Christian Kersting zurückgreifen, die einen umfangreichen Vorschlag zum Schadensersatzrecht erarbeitet hatten.

Ein letzter Bereich des Gesetzgebungsvorhabens ist das Bußgeldrecht. „In den vergangenen Jahren haben es Unternehmen immer wieder geschafft, sich durch geschickte Umstrukturierungen den Bußgeldern zu entziehen, die das Bundeskartellamt verhängt hat. Dieses Schlupfloch muss gestopft werden.“ Wie bei allen Themen ist für rechtssichere und handhabbare Regeln aber vor allem Klein-arbeit in Detailfragen nötig. „Meine Mitarbeiter Stephan Kreifels, Gregor Schmieder und ich mussten uns in zahllose Spezialfragen einarbeiten. Das war aber auch spannend, da wir einerseits die großen wettbewerbspolitischen Linien im Blick behalten mussten, andererseits jedes Wort, das Gesetz werden soll, genau prüfen mussten.“

Die Anhörung in Berlin findet am 23.1.2017 statt. Vorab hat Professor Podszun eine Stellungnahme veröffentlicht, die auf der Website http://www.jura.hhu.de/dozenten/podszun.html abrufbar ist.

Kategorie/n: Startseitenbericht, Wettbewerb
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