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Online-Symposium „Familienformen im Wandel – Reformbedarf im Erbrecht“

Am Freitag, dem 26.02.2021 folgten über 100 Personen der Einladung zum Online-Symposium via Zoom zu „Familienformen im Wandel – Reformbedarf im Erbrecht“, das von Prof. Dr. iur. Katharina Lugani (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) und vom Deutschen Juristinnenbund e.V., hier insbesondere Ri´inOLG Brigitte Meyer-Wehage, Vorsitzende der Kommission für Zivil-, Familien- und Erbrecht sowie Recht anderer Lebensgemeinschaften im djb, organisiert wurde. Die sehr gut besuchte Veranstaltung konnte neben Rechtsanwälten, Studierenden, Notaren und Wissenschaftlern auch Vertreter der Ministerien anlocken. Die Durchführung der Veranstaltung im Online-Format tat der Intensität des Austauschs keinen Abbruch.

Nach einer Begrüßungsansprache durch Prof. Dr. iur. Maria Wersig, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes, sowie Prof. Dr. iur. Katharina Lugani und Ri´inOLG Brigitte Meyer-Wehage, eröffnete Dr. iur. Stephanie Herzog, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Erbrecht aus Würselen, den Veranstaltungstag mit einem kritischen Vortrag zu der Frage der Zeitgemäßheit des geltenden Erb- und Pflichtteilsrechts und warf dabei auch so grundlegende Fragen wie die nach der Legitimation des Ehegattenerbrechts auf. Herzog zeigte insbesondere Schwierigkeiten auf, die sich aus dem noch immer bestehenden strukturellen ökonomischen und erwerbsbiographischen Gefälle zwischen Männern und Frauen sowie aus dem Laienverständnis von Erbrecht und Sachenrecht ergeben. Sie positionierte sich u.a. deutlich zu einer Abschaffung des § 1371 I BGB (mit Folgeänderungen), zu einer daraus folgenden Veränderung des Ehegattenerbrechts, zu einem Pflegevermächtnis sowie zu Veränderungen im Pflichtteilsrecht. Es folgte eine angeregte Diskussion.

Sodann setzte sich Prof. Dr. iur. Burkhard Hock, Dozent an der Hochschule Fulda, mit der Erbschaftssteuer und ihren Folgen für Ehepartner auseinander. Es wurde deutlich, dass eine Reform im materiellen Recht mit Änderungen im Steuerrecht einhergehen muss. Hock positionierte sich u.a. für Änderungen zugunsten faktischer Lebensgemeinschaften.

Anschließend beleuchtete RA´in Renate Maltry, Fachanwältin für Erb- und Familienrecht sowie zertifizierte Testamentsvollstreckerin aus München, im Vortrag „Deine, meine, unsere Kinder“ die immer stärker wachsende Problematik um den rechtlichen Umgang mit dem Streit um das Erbe bei Patchworkfamilien und zeigte deutlich die Benachteiligung der Kinder des Erstversterbenden auf. Maltry macht deutlich, dass und wie der verfassungsrechtliche Familienbegriff im Erbrecht noch nicht angekommen ist. Deutlich wurde, wie das Erbrecht in nicht unerheblichem Maße in Bezug auf Patchworkfamilien an der gesellschaftlichen Realität vorbeigeht. Maltry präsentierte mögliche Lösungsansätze, vor allem im Pflichtteilsentziehungsrecht. Die äußerst angeregte Diskussion unterstrich die Relevanz des Themas.

Voller neuer Denkanstöße und Eindrücke konnten die Tagungsteilnehmerinnen und Tagungsteilnehmer sich in einer Mittagspause stärken, bevor eine Diskussionsrunde um die Thematik „Heim und Herd – Das Erbrecht der Ehefrau in Europa“ eröffnet wurde. Dabei brachten RA´in Dr. iur. Gabriele Meusburger-Hammerer aus Österreich, RA Martin Hartner aus Italien, LL.M. Edith Aupetit aus Frankreich und Prof. Dr. iur. Harry Willekens aus Belgien spannende Erkenntnisse aus dem europäischen Ausland in eine von Prof. Dr. iur. Katharina Lugani und Ri´inOLG Brigitte Meyer-Wehage geleitete rechtsvergleichende Podiumsdiskussion ein. So konnten die Teilnehmenden einen Ausblick auf zahlreiche rechtliche Lösungsansätze für diese gewinnen. Allgemein schienen die vorgestellten Rechtsordnungen den überlebenden Ehegatten intensiver abzusichern als das deutsche Recht, insbesondere durch ein Nießbrauchsrecht oder Wohnrecht. Auch das Zusammenspiel mit der güterrechtlichen Stellung des überlebenden Ehegatten wurde intensiv erörtert.

Ri´inOLG Brigitte Meyer-Wehage beendete die Vortragsreihe mit einer Stellungnahme zu der Frage, ob das große Nachlassgericht in der heutigen Zeit überfällig ist. Auch die sachliche Zuständigkeit als Eingangsinstanz sowie die Rolle der Notare im Erbscheinsverfahren wurden thematisiert.

Zum Abschluss bedankten sich Prof. Dr. iur. Katharina Lugani und Ri´inOLG Brigitte Meyer-Wehage bei allen Referentinnen und Referenten und Diskutantinnen und Diskutanten für die spannenden und fachlich bereichernden Beiträge sowie bei Leon Daners und Nele Milz vom LS Lugani für die fabelhafte technische Betreuung des Symposiums. Wir bleiben gespannt, inwieweit die getätigten Anregungen bei einer eventuellen Gesetzesreform Berücksichtigung finden.

 

Kategorie/n: Fakultät und Institute, Editorial, Lugani

Prof. Dr. Katharina Lugani, HHU Düsseldorf

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Erbrecht Dr. Stephanie Herzog

Prof. Dr. Burkhard Hock, Hochschule Fulda

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht und Fachanwältin für Familienrecht, zertifizierte Testamentsvollstreckerin Renate Maltry

Rechtsanwältin Dr. Gabriele Meusburger-Hammerer

Rechtsanwalt Martin Hartner

Avocate au Barreau de Paris, Attorney-at-Law New York Edith Aupetit, LLM.

Prof. (Universität Antwerpen) Dr. Harry Willekens

Ri’inOLG Brigitte Meyer-Wehage

Verantwortlichkeit: