Zum Inhalt springen Zur Suche springen

Neues aus der juristischen Forschung 1/2025

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Juristischen Fakultät der HHU waren wieder produktiv – wir stellen die jüngsten Veröffentlichungen vor, die auch einen Überblick über die Forschung in den verschiedenen Fachgebieten geben. Diesmal geht es unter anderem um Nachhaltigkeit, Jagdrecht, Romeo-Agenten, Prostitution, Korruption und den Digital Markets Act. Viel Vergnügen!

 

ESG

Professor Thilo Kuntz ist Mitherausgeber eines Bandes bei Oxford University Press, der sich aus rechtsvergleichender, rechtsökonomischer und rechtshistorischer Perspektive dem Titelthema "Corporate Purpose, CSR, and ESG: A Trans-Atlantic Perspective" widmet (Binder/Hopt/Kuntz, OUP 2024). In seinem Kapitel befasst sich Herr Kuntz mit "ESG Demand-side Regulation", einem neueren Regulierungsansatz, der verstärkt Anteilseigner und Investoren zu steuern beabsichtigt. 

Außerdem hat Herr Professor Kuntz in Heft 5 der "ZGR" einen längeren Beitrag zu "ESG: USA gegen Europa" veröffentlicht. Darin geht er der Frage nach, wie Unterschiede insbesondere in der Regulierung von Umwelt- und Klimaschutzbelangen zu transatlantischen Konflikten führen, und erläutert ausführlich die breiteren historischen Grundlagen der Entwicklungen in den USA.

 

Methodenlehre

Darüber hinaus hat sich Herr Kuntz in einem mit "Eugen Ehrlichs Methodenkritik und die heutige Jurisprudenz" beschäftigt. Der Beitrag ist ein Kapitel in einem Band, der anlässlich des 100. Todestages des Begründers der deutschen Rechtssoziologie "Eugen Ehrlich - Kontexte und Rezeptionen" erläutert (Hrsg. Auer/Seinecke, Mohr Siebeck 2024).

 

Grundlagen der Selbstverwaltung

Für den im September 2024 erschienenen Band II des neu konzipierten, von Uwe Kischel und Hanno Kube herausgegebenen „Handbuchs des Staatsrechts“ hat Professor Johannes Dietlein den Beitrag über „Selbstverwaltung“ als verfassungsrechtliche Kategorie verfasst. Der Beitrag beleuchtet die Systematik sowie die verfassungsrechtlichen Grundlagen der kommunalen und funktionalen Selbstverwaltung im Staat des Grundgesetzes. Ausführlich behandelt werden neben Problemstellungen rund um die Pflichtmitgliedschaft und die grundrechtliche Einordnung von Selbstverwaltungsträgern insbesondere Fragen der Legitimationsbedürftigkeit sowie der demokratischen Legitimationsgrundlagen des Selbstverwaltungshandelns juristischer Personen des öffentlichen Rechts.

 

Glücksspielrecht

In Heft 5/2024 der Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht (ZfWG) befasst sich Prof. Dr. Johannes Dietlein in einem Fachaufsatz mit dem Titel „Bagatellvorbehalt und Einheitlichkeit des Glücksspielbegriffs“ mit dem Glücksspielbegriff des § 3 Abs. 1 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV). Im Fokus der Abhandlung steht die Frage, ob der staatsvertragliche Glücksspielbegriff, parallel zum Glücksspielbegriff des Strafgesetzbuches, einem „Bagatellvorbehalt“ unterliegt mit der Folge, dass Spielangebote unterhalb einer Einsatzschwelle von 10 Euro pro Stunde von der staatsvertraglichen Regulierung generell nicht erfasst werden. Dieser verbreiteten und zuletzt vom OVG Münster vertretenen Rechtsauffassung tritt der Beitrag unter Verweis auf die ordnungspolitischen Zielvorgaben des GlüStV sowie die eigenständigen Regelungskompetenzen der Länder entgegen. Zugleich wird eine praxisgerechte Grenzlinie zwischen der staatsvertraglichen Regulierung und dem vom Staatsvertrag nicht erfassten gewerblichen Spielrecht gezogen.

 

Jagdrecht

„Was ist zeitgemäß?!“ Unter diesem Titel veröffentlichte die Deutsche Jagdzeitschrift (DJZ) im Novemberheft 2024 einen Beitrag von Professor Johannes Dietlein zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „Weidgerechtigkeit“ bzw. der „allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit“ gem. § 1 Abs. 3 Bundesjagdgesetz. Der Beitrag geht zurück auf das vom Verfasser im August 2024 im Kosmos-Verlag veröffentlichte Sachbuch „Jagd vorbei und Halali – Das Deutsche Waidwerk: ein Auslaufmodell?“. Parallel zum Erscheinen des Zeitschriftenbeitrags wurde das vorgenannte Sachbuch von Prof. Dietlein im Novemberheft 2024 der Zeitschrift „Wild und Hund“ in die Vorschlagsliste für das „Sachbuch des Jahres 2024“ im Bereich Jagd aufgenommen.

 

Verfassungsrecht – Romeo-Agenten und Grundrechte

Mit den verfassungsrechtlichen Grenzen des Einsatzes von Vertrauenspersonen und Verdeckten Ermittlern durch die Geheimdienste befasst sich Jan Hendrik Bergmann, stud.HK am Lehrstuhl von Prof. Dr. Johannes Dietlein, in einem Beitrag für die Verwaltungsrundschau (VR 2024, 370 ff.). Der Beitrag analysiert den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Dezember 2022 (1 BvR 1345/21) und ordnet die Entscheidung in die bisherige Dogmatik zum Schutz des Kernbereichs persönlicher Lebensgestaltung ein. Zudem befasst sich der Beitrag mit den gesetzgeberischen Aktivitäten zur Umsetzung der Entscheidung.

 

Prostitutionsrecht

Sollten künftig Freier für den Sexkauf bestraft werden, um Prostituierte zu schützen? Ole Lueg, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Looschelders, untersucht diese Frage in einem Beitrag, der im Verfassungsblog veröffentlicht wurde (abrufbar unter https://verfassungsblog.de/allgemeine-freierstrafbarkeit/).

 

Arbeitsrecht

In Form eines Videobeitrages hat Prof. Dr. Andreas Feuerborn zusammen mit einer französischen Kollegin beim Institut du droit du travail in Straßburg den Einfluss der Richtlinie 1999/70/EG zu befristeten Arbeitsverträgen und der EuGH-Rechtsprechung auf das französische und das deutsche Arbeitsrecht besprochen. Der in französischer Sprache aufgenommene Beitrag ist abrufbar unter https://www.youtube.com/watch?v=Tq1ah5Sub6Q

 

Gesellschaftsrecht

In ihrem Aufsatz „Das Rechtssubjekt wirtschaftliche Einheit – zugleich Anmerkung zu EuGH in Sachen Volvo/Transsaqui“, erschienen in NZKart 2024, 546-552 befassen sich Prof. Dr. Christian Kersting, LL.M. (Yale) und Jun.-Prof. Dr. Jannik Otto mit einem aktuellen Urteil des EuGH, das beiläufig Aussagen zum Institut der wirtschaftlichen Einheit im Europäischen Kartellrecht trifft. Diese wird kritisch mit einem Seitenblick auf das Europäische Gesellschaftsrecht in die bisherige gefestigte Rechtsprechung des EuGH eingeordnet. Im Ergebnis bedarf die Aussage in EuGH, Volvo/Transsaqui der mehrfachen Korrektur. Insbesondere ist die wirtschaftliche Einheit im Europäischen Kartellrecht nach der bisherigen Rechtsprechung rechtsfähig.

Jun.-Prof. Dr. Jannik Otto befasste sich in seinem Aufsatz „Compliance als gesetzesgebundene Leitung“ (NZG 2024, 1055-1060) auch mit dem Gesellschaftsrecht. Darin schlägt er eine dogmatische Neuordnung der Geschäftsleiterpflichten im Spannungsfeld von gesetzlichen Anforderungen und Bindungen an das Unternehmensinteresse vor.

 

Wettbewerb und Kartellrecht

Professor Rupprecht Podszun, der im Juli 2024 in die Monopolkommission berufen wurde, hat zu deren 50-jährigen Jubiläum einen Vortrag gehalten, in dem er ein Wettbewerbsleitbild skizziert, das an Verfassungswerte rückgebunden ist. Nachzulesen sind diese grundsätzlichen Überlegungen zu Wettbewerb, Kartellrecht und Menschenwürde nun in dem Beitrag „Das Leitbild des wertegebundenen Wettbewerbs“, erschienen in WuW 2024 507-513.

Der Aufsatz von Professor Christian Kersting zur „Verjährung von Kartellschadensersatzansprüchen nach Heureka“ (erschienen in WuW 2024, 455) ist jetzt auch auf Spanisch (El plazo de prescripción de las acciones por daños y perjuicios derivadas de incumplimientos del Derecho de la competencia tras la Sentencia Heureka, Comentario a la STJUE de 18 de abril de 2024, Heureka C 605/21 ECLI:EU:C:2024:324, Cuadernos de Derecho Transnacional (Octubre 2024), Vol. 16, Nº 2, pp. 1027-1040) erschienen.

Der von Prof. Dr. Christian Kersting und Manuel May verfasste Beitrag „Der Bußgeldregress gegenüber Organmitgliedern“ (WuW 2024, 243 ff. und 313 ff.) erscheint jetzt auch auf Englisch ((2024) 45 E.C.L.R., Issue 12, 528 ff.)

 

Preishöhenmissbrauch im Energiesektor

Helena Drewes (Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin bei Prof. Podszun) hat einen Aufsatz zum Preishöhenmissbrauch im Energiesektor veröffentlicht: Excessive Pricing in the Energy Sector - Is Article 102(a) TFEU suitable and necessary to tackle excessive pricing in the energy sector?, (2024) 45 European Competition Law Review, Issue 11, S. 501-517. Darin diskutiert sie, ob und inwiefern Preishöhenmissbrauch im Energiesektor mit Art. 102 lit. a AEUV bekämpft werden kann und sollte.

 

Nachhaltigkeit und Recht

Die beiden Professoren Rupprecht Podszun (HHU) und Tristan Rohner (ehemals HHU, nun Bucerius Law School) verfassten das in der Beck-Reihe Grundrisse des Rechts erschienene Lehrbuch „Nachhaltigkeit und Recht“. Das Lehrbuch ist aus einer Vorlesung an der HHU entstanden und wendet sich an alle, die eine grundlegende Einführung zu Rechtsfragen rund um Klimaschutz, ESG, Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft oder Sustainable Finance suchen. In der NJW ist von den beiden Autoren der „Nachhaltigkeit im Recht“ erschienen (NJW 2024, 3017-3024). Mehr zum Lehrbuch findet sich hier: https://www.jura.hhu.de/service-und-it/aktuelles/neues-lehrbuch-zu-nachhaltigkeit-im-recht

 

Digital Markets Act

Sarah Hinck, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, und Prof. Dr. Rupprecht Podszun verfassten den Beitrag “Beyond DMA: the Amazon section 19a case (Germany)” (Journal of European Competition Law & Practice, 2024, 1-6). In GRUR 2024, 1304-1309 erschien von den beiden der Text “Kartellrecht und Plattformökonomie vor dem BGH – Die Feststellung der überragenden marktübergreifenden Bedeutung für den Wettbewerb“.

Helena Drewes hat gemeinsam mit Alexander Kirk (ehemaliger Mitarbeiter und Doktorand bei Prof. Podszun) einen Aufsatz zu den extraterritorialen Auswirkungen des Digital Markets Acts über die EU verfasst, der in World Competiton veröffentlicht wurde: Extraterritorial Effects of the Digital Markets Act: The ‘elusive long arm’ of European digital regulation; World Competition 47, no. 4 (2024): 473–494.

Weitere Informationen zur digitalen Regulierung finden sich auch auf der Website des drittmittelgeförderten SCiDA-Projekts der HHU („Shaping Competition in the Digital Age“): www.scidaproject.com

 

Strafrecht

Kürzlich in 5. Auflage erschienen ist das „Klausurtraining Strafrecht“ von Prof. Dr. Till Zimmermann (Fortführung des von Urs Kindhäuser, Kay Schumann und Sebastian Lubig begründeten Werkes), in dem Studierenden praktische Hinweise für das Schreiben von Klausuren und Hauarbeiten vermittelt werden.

In seinem Beitrag „Zur Auslegung und Legitimation des § 216 StGB“, der im Tagungsband zum 14. Düsseldorfer Medizinstrafrechtstag (Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 109 ff.) erschienen ist, beschäftigt sich Prof. Zimmermann mit Rechtsfragen der Strafbarkeit der Tötung auf Verlangen und beleuchtet insbesondere die Verfassungskonformität des § 216 StGB.

Zum in den Schriften zum internationalen und europäischen Strafrecht erschienenen Sammelband „Daten(wirtschafts)völkerstrafrecht“ (Hrsg. Geneuss/Werkmeister) steuerte Prof. Zimmermann den Beitrag „Überwachungsunrecht und Völkerstrafrecht“ bei.

 

Wiederaufnahme

In der 2. Auflage des Münchener Kommentars zur Strafprozessordnung kommentiert Prof. Zimmermann gemeinsam mit Prof. Armin Engländer die Vorschriften zum Wiederaufnahmerecht (Vor § 359, §§ 359–373a StPO, § 140a GVG). Auch um Fragen der Wiederaufnahme geht es in einer Urteilsanmerkung, die Prof. Zimmermann gemeinsam mit seiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin Mona Bales veröffentlicht hat. Der Bundesgerichtshof beschäftigte sich in dem besprochenen Urteil mit Fragen der Verjährung im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme des Verfahrens zuungunsten eines Freigesprochenen (NStZ 2024, S. 571 f.).

 

Anfechtung von Wahlergebnissen

Einen auch aufgrund der aktuellen politischen Entwicklung interessanten Beitrag "USA v. Donald Trump – Zur Strafbarkeit lügnerischer Wahlergebnisanfechtung" hat Prof. Zimmermann in NSW 2024, S. 412 ff. veröffentlicht.

 

Korruption

Weiterhin aktuell ist die von Prof. Zimmermann in seiner Antrittsvorlesung aufgeworfene Frage der Strafbarkeit von sogenannten Fast Lanes an Flughäfen. Gemeinsam mit seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Julian Stolz hat er eine Entscheidung des OLG Köln zu Bedrückungs- und Beschleunigungskorruption an Flughäfen besprochen (Besprechung von OLG Köln, Urt. v. 11.6.2024 – 1 ORs 52/24; NZWiSt 2024, S. 469–475).

Teil 2 des Beitrags „Die Universalgrammatik der Korruptionsdelikte – Urs Kindhäuser zum 75. Geburtstag“ von Prof. Zimmermann ist in GA 2024, S. 365 – 382 erschienen.