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2. Energierechtstag in NRW 2023 in Bochum

Am 25.05.2023 fand der zweite Energierechtstag in NRW zum Thema „Europäisches Energierecht in der Krise?“ an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) statt. Diese zweite gemeinsame Jahrestagung der drei Energierechtsinstitute in NRW, dem Düsseldorfer Institut für Energierecht (DIER), dem Kölner Institut für Energiewirtschaftsrecht (EWIR) und dem Bochumer Instituts für Berg- und Energierecht (IBE) war mit über 260 Teilnehmenden erneut ein großer Erfolg.

Nach einer Begrüßung durch Prof. Dr. Johann-Christian Pielow (Bochumer Institut für Berg- und Energierecht), Prof. Dr. Günther Meschke (Prorektor für Forschung und Transfer, RUB) und Prof. Dr. Gereon Wolters (Dekan der Juristischen Fakultät der RUB) widmete sich das erste Panel der „Versorgungssicherheit im Recht der Energie- und Klimaunion“.

Richter am EuGH Prof. Dr. Thomas von Danwitz eröffnete den Energierechtstag mit einem Vortrag zur Versorgungssicherheit in der Rechtsprechung des EuGH. Er entwickelte die Rechtsprechung des EuGH hierzu anhand der Vielzahl der Entscheidungen. Das Energierecht – so von Danwitz – dient der Daseinsvorsorge. Das europäische Energierecht grenzt die Kompetenzen der Union von denjenigen der Mitgliedstaaten im Bereich der Energiepolitik ab. Dabei ist der Grundsatz der europäischen Energiesolidarität eine spezifische Ausprägung des allgemeinen Solidaritätsgrundsatzes des Unionsrechts.

Prof. Dr. Markus Ludwigs (Universität Würzburg) referierte sodann über den Rahmen des Unionsrechts zur Bewältigung der Energiekrise. Er konzentrierte sich insbesondere auf die Notfallkompetenz des Art. 122 AEUV als Kompetenzgrundlage einer Reihe von europäischen Rechtsakten zur Bewältigung der Energiekrise in Folge der Ukrainekrise. In Abgrenzung zu Art. 194 Abs. 2 AUEV können nach Markus Ludwigs auf Art. 122 AEUV ad hoc Maßnahmen zur Bewältigung akuter Energiekrisen gestützt werden

Dr. Oliver Koch (Europäische Kommission, Generaldirektion Energie) zeichnete in seinem Vortrag die Fülle der europäischen Rechtsakte zur Bewältigung der Energiekrise seit Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine nach. Zur Bewältigung der Gasmangellage wurden insbesondere die Gasspeicherverordnung, die verbindliche Einspeicherpflichten begründet, zugleich Fragen nach einer grenzüberschreitenden Speichernutzung und der Speicherentflechtung aufwirft, sowie Rechtsakte zur Senkung der Gasnachfrage, zur Abschöpfung bei hohen Energiepreisen und zur Einrichtung einer gemeinsamen EU-Plattform zur Nachfrageaggregation erlassen. Ziel der sogenannten Notfallverordnung (VO 2022/2577) ist die Genehmigungsbeschleunigung bei EE-Anlagen. Oliver Koch warf die Frage auf, ob diese die europäische Umweltgesetzgebung umgeht und den völkerrechtlichen Umweltschutzkonventionen entspricht. Schließlich widmete er sich dem Marktkorrekturmechanismus der VO 2022/2578, der bis Februar 2024 Anwendung findet.

Im Rahmen des zweiten Panels zur „Nachhaltigkeit im Recht der Energie- und Klimaunion“ trug Prof. Dr. Martin Burgi (LMU München) zum nachhaltigen Unternehmensrecht in der Energiewirtschaft vor. Neben der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) erweitert insbesondere das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG) die ESG-Pflichten der Unternehmen. Die Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (CSDDD) wird nach dem vorliegenden Entwurf im Anwendungsbereich deutlich weiter als das LkSG sein und weitergehende umwelt- und klimabezogene Pflichten sowie eine Schadensersatzpflicht bei Verletzung von Sorgfaltspflichten begründen. Die Energieunternehmen müssen sich auf spezifische Pflichten einrichten.

Prof. Dr. Rupprecht Podszun (HHU) referierte sodann über nachhaltiges Kartellrecht am Beispiel von Dekarbonisierungsvereinbarungen. Gegen diese Allianzen etwa von Versicherungsunternehmen mit dem Ziel der Reduktion von Treibhausgasemissionen bestünden zunehmend kartellrechtliche Bedenken. Rupprecht Podszun betonte die Bedeutung des Wettbewerbs. Auch nach den neuen Horizontalleitlinien der Kommission seien Nachhaltigkeitskooperationen im geltenden Recht mit erheblichen Unsicherheiten verbunden.

Zuletzt stellte Herr Moritz Mund (BDEW) eine Studie zur Bedeutung der Nachhaltigkeit in der Energiewirtschaft sowie zur Bereitschaft der Unternehmen, Maßnahmen zur Nachhaltigkeit zu ergreifen, vor.

Nach dem Mittagessen stellten sechs Doktorandinnen und Doktoranden im Rahmen des Forum Junge Wissenschaft ihre Promotionsprojekte vor. Das Forum stieß auf großes Interesse und viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer suchten den Austausch mit den jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.

Prof. Dr. Jürgen Kühling, Vorsitzender der Monopolkommission, widmete sich im Rahmen des dritten Panels dem Wettbewerb auf den Energiemärkten nach der Krise. Der Staat solle ein starker Regelgeber sein und einen geeigneten Rechtsrahmen setzen, den Krisenmodus nun aber verlassen. Jürgen Kühling sprach sich gegen Etatismus und für mehr Wettbewerb aus. Er forderte einen CO2-Preis als Leitinstrument für wirksamen Klimaschutz, eine von den Nutzern getragene Finanzierung der (Wasserstoff-)Netze und einen wettbewerbsorientierten Aufbau der Ladesäuleninfrastruktur für E-Mobilität.

Danach referierte Prof. Dr. Phillip Fest (Ministerium für Industrie, Klima und Energie NRW) über die integrierte Netzentwicklungsplanung aus Sicht des Landes NRW. Ein besonderes Augenmerk legte er hierbei auf das Zukunftsthema Wasserstoff und die integrierte Planung des Wasserstoffnetzes. Die Erfahrungen mit der „integrierten Netzplanung NRW“ könnten als Prototyp für die weitere Entwicklung in Deutschland dienen. Die sich an das dritte Panel anschließende intensive Diskussion zeigte die große Resonanz, die die Thesen der Referenten fanden.

Dem dritten Panel schloss sich ein „Europäischer Runder Tisch“ an, bei dem Prof. Dr. Mariano Bacigalupo Saggese (Universidad Nacional de Educácion a Distancia, Madrid), Prof. Dr. Sebastian Heselhaus (Universität Luzern), Sven Rösner (deutsch-französisches Büro für die Energiewende, Paris) und Dr. Wolfgang Urbantschitsch (e-control, Wien) Stellung zum europäischen Energierecht aus Sicht ihrer Länder nahmen. Deutlich wurde, dass wesentliche Fragen des Energierechts gegenwärtig und in Zukunft europäisch geregelt werden.

Das Düsseldorfer Institut für Energierecht freut sich darauf, den 3. Energierechtstag in NRW am 14. März 2024 auf dem Campus der Heinrich-Heine-Universität ausrichten zu dürfen und lädt bereits heute dazu herzlich ein.

 

2. Energierechtstag NRW: "Europäisches Energierecht in der Krise"

Programm
Versorgungssicherheit im Recht der Energie- und Klimaunion
  • (Energie-)Versorgungssicherheit in der Rechtsprechung des EuGH
    Prof. Dr. Thomas von Danwitz. Richter am Europäischen Gerichtshof / Universität zu Köln
  • Unionsrechtliche Rahmensetzungen zur Bewältigung der Energiekrise (Folien)
    Prof. Dr. Markus Ludwigs, Universität Würzburg
  • Gang der Gesetzgebung zur Krisenbewältigung (Folien)
    Dr. Oliver Koch, Europäische Kommission, Generaldirektion Energie
Nachhaltigkeit im Recht der Energie- und Klimaunion
  • Nachhaltiges Unternehmensrecht (ESG) in der Energiewirtschaft: Zwischen EU und Staat, Politik und Markt (Folien)
    Prof. Dr. Martin Burgi, LMU München
  • Nachhaltiges Kartellrecht? Kartellrechtliche Grenzen von Dekarbonisierungsvereinbarungen (Folien)
    Prof. Dr. Rupprecht Podszun, HHU Düsseldorf
  • Bedeutung der Nachhaltigkeit in der Energiewirtschaft (Folien)
    Moritz Mund, Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V., Vertretung Brüssel
Forum Junge Wissenschaft (Folien)
  • Der vertragslose Zustand im Energiebezugsrecht (Folien), Christian Müller, Ass. Jur.
  • Die private Rechtsdurchsetzung im Energierecht (Folien), Valentin Kissling
  • Fachplanung von Windenergieanlagen an Land (Folien), Mathias Jaenicke
  • Eigentumsrechtliche Betrachtungen in Krisenzeiten (Folien), Kathrin Schlegel
  • Klimakompensation von Staaten (Folien), Sarah Kleinschumacher
  • Die Reichweite des Souveränitätsvorbehaltes in Art. 194 Abs. 2 UAbs. 2 AEUV im Spannungsfeld von Klimaschutz und Versorgungssicherheit (Folien), David Sasserath
Wettbewerb und Infrastruktur im Recht der Energie- und Klimaunion
  • Wettbewerb und den Energiemärkten nach der Krise (Folien)
    Prof. Dr. Jürgen Kühling, Universität Regensburg und Vorsitzender der Monopolkommision
  • Integrierte Netzentwicklungsplanung aus Sicht des Landes NRW (Folien)
    Prof. Dr. Phillip Fest, Ministerium für Industrie, Klima und Energie NRW
Europäischer Runder Tisch: Entwicklung der Energie- und Klimaunion
  • Mariano Bacigalupo Saggese, Universidad Nacional de Educación a Distancia (Madrid), ehem. Comisión Nacional de los Mercados y Competencia
  • Prof. Dr. Sebastian Heselhaus, Universität Luzern u. Competence Center for Energy Law Lucerne
  • Sven Rösner, Deutsch-Französisches Büro für die Energiewende, Paris
  • Dr. Wolfgang Urbantschitsch, Vorstand e-control GmbH, Wien
 
Kategorie/n: DIER, DIER News
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