Zum Inhalt springenZur Suche springen

Berlinfahrt 2018

Die Berlin-Fahrt des Freundeskreises vom 7.11-11.11.2018

Vom 11. bis zum 15. November 2018 unternahm der Freundeskreis zum nunmehr fünften Mal eine Studienfahrt nach Berlin. Auch in diesem Jahr begleitete der 1. Vorstandsvorsitzende des Freundeskreises, Herr Prof. Dr. Dirk Olzen, die Exkursion.

Am Mittwoch startete unser „offizielles Programm“ mit einem Besuch des Deutschen Bundestag auf Einladung des Bundestagsabgeordneten und Vorstandsmitglied des Freundeskreises Mahmut Özdemir.

Am darauffolgenden Tag wurden wir durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz geführt und hatten bei dem anschließenden Besuch des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat die Gelegenheit, einen Einblick in die Arbeit des Ministeriums zu erhalten.

Die Fahrt endete schließlich mit einer Führung durch die Gedenkstätte Hohenschönhausen, die durch die Berichte von Zeitzeugen besonderen Eindruck hinterließ.

Im Folgenden berichten vier Teilnehmer der diesjährigen Berlin-Fahrt ausführlich von den einzelnen Stationen.
Für die Fotos dankt der Freundeskreis Natalie Post herzlich.

Mittwoch, 15:00 Uhr
Besuch des Deutschen Bundestages


Bevor wir die Gelegenheit hatten, an einer Plenarsitzung im Deutschen Bundestag teilzunehmen, erhielten wir eine kurze Einführung zur strukturellen Organisation und den aktuellen Themen, die derzeit im Bundestag diskutiert werden. Als eine große Gruppe aus dem Sitzungssaal nach draußen steuerte war dies für uns wiederum ein Zeichen, dass wir ihre Plätze einnehmen konnten. Die aktuelle Debatte erörterte das Thema „Das Höfesterben im ländlichen Bereich“ und war Anlass zu einer hitzigen Diskussion zwischen den Abgeordneten der verschiedenen Parteien.

Nach einem einstündigen Schlagabtausch erwartete uns bereits der SPD-Abgeordnete aus dem Wahlkreis Duisburg, Herr Mahmut Özdemir, im SPD-Fraktionssaal. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde diskutierte auch unsere Freundeskreis-Delegation angeregt gemeinsam mit Herrn Özdemir über Integrationsfragen und Schulpolitik. Der zentrale Streitpunkt war dabei, inwiefern Heranwachsende aus akademischen Verhältnissen im Vergleich zu Jugendlichen mit einem nicht akademischen familiären Hintergrund bessere Voraussetzungen für eine akademische Ausbildung und später auf dem Arbeitsmarkt haben.

Nach dem Gespräch durften wir hoch hinaus, um die Spreemetropole von der Reichstagskuppel zu betrachten. Von dort oben bot sich uns ein wahrhaftig atemberaubender Blick auf die Bundeshauptstadt bei Nacht. Zum Abschluss des interessanten Tages aßen wir gemeinsam im Paul-Löbe-Haus zu Abend und hatten Zeit, die zahlreichen Eindrücke Revue passieren zu lassen.

Donnerstag, 10:00 Uhr
Besuch des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz

Am Donnerstagvormittag stand für uns ein Besuch im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) an. Das BMJV ist für den Entwurf von Gesetzen und Verordnungen zuständig; zudem berät es die anderen Bundesministerien bei deren Rechtsetzungsvorhaben. Seit dem Jahr 2013 gehört auch der Verbraucherschutz zum Aufgabenbereich des Ministeriums. Der erste Vortrag wurde von Prof. Dr. Ulrich Seibert gehalten. Prof. Seibert, der als Honorarprofessor an der Heinrich-Heine-Universität lehrt, ist Leiter des Referats für Gesellschaftsrecht, Unternehmensverfassung und Corporate Governance im BMJV. In dieser Funktion ist er maßgeblich an Gesetzesentwürfen im Bereich des Gesellschaftsrechts beteiligt. Unter anderem wirkt Prof. Seibert an der Planung der europäischen Einpersonengesellschaft, der Societas Unius Personae (SUP) mit. Mit der Einführung dieser neuen Rechtsform auf europäischer Ebene wird das Ziel verfolgt, die Gründung eines Unternehmens im Ausland zu erleichtern. Bisher ist die Gründung einer Gesellschaft in einem anderen EU-Staat mit einem hohen Aufwand verbunden: Wenn etwa ein französischer Staatsbürger eine GmbH in Deutschland gründen möchte, ist es notwendig, dass dieser in die Bundesrepublik einreist, um den Gesellschaftsvertrag notariell beglaubigen zu lassen. Die SUP hingegen soll von jedem Mitgliedsstaat aus gegründet werden können, unabhängig davon, wo sie ihren Hauptsitz haben wird. Ermöglicht werden soll dies durch eine unkomplizierte Registrierung über ein Standardformular im Internet. Es handelt sich dabei um eine schwierige juristische Fragestellung, die derzeit auf verschiedenen politischen Ebenen diskutiert wird.

Im zweiten Vortrag erhielten wir eine ausführliche Erläuterung des Organisationsplans des Ministeriums. Das BMJV gliedert sich in sieben Abteilungen, etwa für Bürgerliches Recht oder für Strafrecht, welche aus zwei oder drei Unterabteilungen bestehen, die sich wiederum aus einer Vielzahl von Referaten zusammensetzen. Im Anschluss an die beiden Vorträge klärte uns die Besucherführerin über die Geschichte des Gebäudekomplexes, in welchem das BMJV untergebracht ist, auf. Der Gebäudekomplex in der Mohrenstraße setzt sich aus mehreren Bauten zusammen, welche zu verschiedenen Zeiten errichtet wurden. Die älteren Bauten beherbergten früher jüdische Konfektionshäuser. Zur Zeit der DDR war auf dem heutigen Areal des BMJV unter anderem das Presseamt der DDR untergebracht. Von hier aus wurde am 9. November 1989 von Günter Schabowski, seinerzeit Sekretär für Informationswesen in der DDR, die Reisefreiheit für DDR-Bürger verkündet. Besondere Berühmtheit erlangte dabei seine Antwort auf die Frage des Journalisten Peter Brinkmann, wann die Reisefreiheit in Kraft trete: „Das tritt nach meiner Kenntnis… ist das sofort, unverzüglich“.

Das BMJV ist seit seinem Umzug aus Bonn im Jahre 1999 in dem Gebäudekomplex untergebracht. Die Planung des Gebäudekomplexes erfolgte durch das Düsseldorfer Architektenbüro Eller und Eller. Eine Besonderheit stellen die großzügigen lichtdurchfluteten Innenhöfe dar, durch welche wir zum Abschluss unseres Besuchs im BMJV geführt wurden.

Donnerstag, 14:00 Uhr
Besuch des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat

Als nächsten offiziellen Programmpunkt am Donnerstag, den 08.11.2018, besuchte die Freundeskreis-Delegation das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

Dort haben wir einen Überblick über die Arbeit und Aufgaben des Ministeriums und seine Abteilungen erhalten. Es wurde durch den Vortrag nicht nur grob angeschnitten, was die Aufgaben des Ministeriums sind, sondern auch detailliert über die Aufgabenbereiche einiger Abteilungen referiert. In dem allgemeinen Überblick zur Organisation des Ministeriums haben wir erfahren, dass es seinen Hauptsitz bzw. ersten Dienstsitz in Berlin hat und sich 2015 zu dem Bundesministerium für Bau und Heimat vergrößerte. In dem rund 208 Millionen Euro teuren, neuen Ministeriumsgebäude sind etwa 1600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.

Zur Verdeutlichung der Struktur und Arbeitsweise im Ministerium wurde aufgezeigt, dass für den Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zwei Beauftragte der Bundesregierung, fünf beamtete und drei parlamentarische Staatssekretäre im Dienst sind. Nachdem die allgemeine Struktur und Organisation skizziert wurde, gab uns der Referent, Herr Sorgatz, einen Einblick in die Aufgabenbereiche einzelner Abteilungen. Dies machte er beispielsweise anhand der bedeutenden Aufgabe der Abteilung für öffentliche Sicherheit deutlich, welche sich um Vorgehen unter anderem gegen organisierte Kriminalität, Terrorismus, Extremis-mus und Spionageabwehr kümmert. Sie sorgt außerdem für eine internationale polizeiliche Zusammenarbeit auf europapolitischer Ebene.

Anschließend erörterte er kurz den Aufgabenzuwachs von Bau und Heimat. In Bezug auf den Verantwortungsbereich „Heimat“ wird sich um den gesellschaftlichen Zusammenhalt und Integration, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und die Raumordnung der Regionalpolitik und Landesplanung gekümmert. Zudem erhielten wir durch eine weitere Referentin, Frau Kluge, einen detaillierten Einblick in den Aufgabenbereich der Abteilung CI für Cyber- und IT-Sicherheit. Diese besteht erst seit wenigen Monaten und dient dem Schutz kritischer IT-Infrastrukturen. Außerdem gestaltet sie die Cyberfähigkeiten u.a. in Bereichen der Polizei und des Verfassungsschutzes. Schließlich erhielten wir nach den aufschlussreichen Vorträgen die Möglichkeit, Fragen an die beiden Referenten zustellen. Es schloss sich eine Diskussion über aktuelle Probleme an, bei der Themen wie „dark.net“ oder „Wahlmanipulation“ unter cybertechnischen Gesichtspunkten angeregt erörtert wurden.

Freitag, 12:30 Uhr
Besuch der Gedenkstätte Hohenschönhausen

Am Freitag besuchten wir gemeinsam die Gedenkstätte in Berlin Höhenschönhausen. Bei dieser handelt es sich um das ehemalige Stasi-Gefängnis, in welchem vor allem Gegner des SED-Regimes inhaftiert wurden. Unser Besucherreferent war ein ehemaliger Häftling des damaligen DDR-Gefängnisses, der uns aus erster Hand von dem damaligen Alltag der Insassen der Untersuchungshaftanstalt berichten konnte. Er erzählte uns von seiner Festnahme, nachdem er mit Freunden Flugblätter in der Stadt verteilt hatte, und der anschließenden psychischen Folter durch Isolationshaft: ,,Ich hatte zwar eine Heizung, eine Toilette, ein Waschbecken, genügend Essen und gelegentlich Freigang.. aber niemanden zum Reden.'' Jeglicher Kontakt zu anderen Gefangenen wurde verhindert. Dies führte sogar dazu, dass er sich regelrecht auf die Verhöre freute, da er zumindest dort mit Menschen in Kontakt treten konnte.

Bei diesen Verhören wurde er jedoch durch falsche Behauptungen in Bezug auf seine Familie unter Druck gesetzt. Auf diese Weise wurde regelmäßig versucht, den Insassen ein Geständnis zu entlocken. Nach etwa sieben Monaten in Hohenschönhausen legte er ein Geständnis ab und wurde wegen Volksverhetzung verurteilt. Ihm sei wichtig, bei seinen Führungen durch die Gedenkstätte auf die Bedeutung eines funktionierenden Rechtsstaats und der Demokratie aufmerksam zu machen. Dies sei sein Beweggrund, so offen über seine traumatischen Erlebnisse zu berichten. ,,Denn wer in einer Demokratie schläft, wacht womöglich in einer Diktatur auf.''

Verantwortlichkeit: