Berlinfahrt 2022
Die Berlin-Fahrt des Freundeskreises vom 7.06-11.06.2022
Unsere diesjährige Berlin-Fahrt fand nach zwei langen Corona-Jahren in der Pfingstwoche vom 07.06. bis zum 11.06. statt. Von Mittwoch bis Samstag besuchten wir unterschiedliche Institutionen und Veranstaltungen und hatten viel Zeit neue Eindrücke in Berlin zu sammeln.
Dienstag, 07.06. – Stadterkundung
Am Anreisetag trafen wir uns bereits um 07:30 Uhr am Düsseldorfer Hauptbahnhof und fuhren als Gruppe mit insgesamt 30 Personen gemeinsam im ICE Richtung Berlin. Gegen 14:30 Uhr kamen wir an unserem Hotel im Stadtteil Kreuzberg an. Am ersten Tag durften wir die Stadt in unseren Gruppen erkunden und uns einen ersten Eindruck von Berlin bilden.
Mittwoch, 08.06. – Topographie des Terrors
Am Mittwoch besuchten wir das Dokumentationszentrum Topographie des Terrors, welches sich auf dem ehemaligen Gelände der Zentralen der Gestapo, der SS und des Reichssicherheitshauptamts befindet. Unser Besuch wurde von zwei Experten, einem Historiker und einem Juristen, begleitet.
Zunächst erhielten wir eine kurze Einführung in die Örtlichkeiten und eine Erklärung des damaligen Justizaufbaus. Mit diesem Wissen im Hinterkopf hörten wir uns ein Zeitzeugeninterview an, in welchem ein ehemaliger Gefangener über seine Zeit in der Haft und die Flucht aus dieser erzählte. Hierbei wurde insbesondere die Notwendigkeit einer Konservierung dieser Erinnerungen deutlich.
Nach einer Pause folgte dann ein Rundgang durch die Dauerausstellung. Bei dieser stand insbesondere die Rolle von Juristen in der NS-Zeit im Fokus. Es wurde ein Blick auf die Entwicklung der Beamten von durchaus demokratisch eingestellten Personen zu den Organisatoren des Holocaust geworfen. Auch die Bedeutung der Justiz, welche sich an der Verfolgung Unschuldiger beteiligte, wurde besprochen. Schließlich konnte man auch erkennen, wie nach Ende des Krieges eine Großzahl der belasteten Beamten und Richter schnell in ihre Berufe, oder zumindest ins Wirtschaftsleben zurückkehren konnten, ohne, dass eine effektive Verfolgung und Bestrafung erfolgte.
Im letzten Block des Seminars erfolgte in Gruppen eine Auseinandersetzung mit Normen der Nationalsoziallisten anhand eines Urteils. Wir bekamen einen Sachverhalt und damalige Normen und sollten den Sachverhalt unter diese subsumieren. Schnell wurde uns klar, dass die Normen aus vielen unbestimmten Rechtsbegriffen bestanden und heute sicherlich anders subsumiert werden würden, als es in der damaligen Zeit getan worden ist. Anschließend konnten wir anhand von Akten den Ablauf eines Verfahrens in der NS-Zeit nachvollziehen. Ein Briefwechsel zwischen Gestapo und Justizministerium ließ erkennen, dass die Regierung nicht bereit war, die teilweise noch erfolgende Beanstandung der Foltermethoden der Gestapo durch die Gerichte zu unterbinden.
Insgesamt hat der Besuch der Topographie des Terrors uns allen einen tieferen Einblick in die NS-Zeit gegeben und vor Augen geführt, was für eine wichtige Rolle die Entscheidungen von Juristen für die damaligen Geschehnisse gespielt haben und was für einen großen Einfluss Juristen nehmen können.
Donnerstag, 09.06. – Besuch des Justizministeriums
Am Donnerstag hatten wir die Möglichkeit das Bundesministerium der Justiz zu besuchen. Der Besuch gliederte sich in zwei Teile.
Unser Referent Herr Klawonn, Absolvent der Heinrich-Heine-Universität und Freundeskreis-Mitglied, führte uns zunächst durch das traditionsreiche Gebäude, wobei wir Vieles über die Geschichte des Hauses erfuhren. Herr Klawonn berichtete zunächst über das Projekt zur „Akte Rosenburg“. Dabei handelt es sich um das abgeschlossene Projekt zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. In dem Projekt geht es um Fragen, wie beispielsweise: Warum konnten nationalsozialistische Gesetzgebung und Rechtsprechung in der Nachkriegszeit fortwirken? Warum wurden diese nicht aufgehoben? Wie hat sich das Ministerium zu der Verfolgung von NS-Tätern verhalten? Darauf beruhend entstand die Wanderausstellung „Die Rosenburg – Das Bundesjustizministerium im Schatten der NS – Vergangenheit“, welche seit 2017 im Inland als auch im Ausland präsentiert wird. Informative Auszüge zu diesem Projekt lassen sich daher auch an diversen Wänden im Gebäude wiederfinden.
Im Anschluss referierte Herr Klawonn über den Aufbau und die Arbeitsweise des Justizministeriums. Zu den Aufgaben der rund 700 Beschäftigten zählt vor allem die Ausarbeitung von Gesetzen, aber ebenso die Prüfung solcher. Er selbst ist Referent im BMJ und berichtete von seiner Tätigkeit im Bereich „Digitale Strategien und Grundsatzfragen der Informationsgesellschaft“.
Sodann skizzierte er die Möglichkeiten selbst als Jurist beim Justizministerium tätig zu werden, als Praktikant, Referendar oder auch als Referent. Zum Abschluss ergab sich für uns die Gelegenheit Fragen zu stellen. Die Teilnehmer konnten mithin nicht nur einen weitreichenden, sondern gleichwohl einen persönlichen Einblick in die Arbeit des Bundesministeriums gewinnen.
Freitag, 10.06. – Besuch des Bundestages
Das Programm begann am Donnerstagmorgen mit dem Besuch des Deutschen Bundestages. Nachdem wir den obligatorischen Sicherheitscheck durchlaufen hatten, wurden wir in das Gebäude und zu den Besucherrängen des Plenarsaales geführt.
Dort erhielten wir viele interessante Informationen über die Architektur des Hauses sowie die Besonderheiten des Parlamentsbetriebs, wie beispielsweise die Tatsache, dass Abgeordnete ein Ordnungsgeld von 60 Euro zahlen müssen, wenn ihr Handy im Plenarsaal klingelt. So erfuhren wir über kyrillischen Inschriften im Reichstagsgebäude, die Soldaten der Roten Armee 1945 hinterlassen haben und der Architektur von Sir Norman Foster, der mittels der Reichstagskuppel nicht nur eine unverkennbare Dachterrasse, sondern auch einen Touristenmagneten geschaffen hat.
Nach einer interessanten Führung bestand für uns noch die Möglichkeit, die berühmte Kuppel des Reichstags zu besuchen und bei traumhaften und vor allem wolkenlosem Wetter die Aussicht über die Stadt zu genießen und Erinnerungsfotos zu machen.
Direkt neben dem Bundestag und der Spree liegt das Paul-Löbe-Haus mit den vielen Büros der Abgeordneten, Sitzungssälen sowie den Ausschussräumen. Dort hatten wir die Gelegenheit, uns mit Lena Delfs, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bundestagsbüro von Mahmut Özdemir, über die Arbeit eines Bundestagsabgeordneten und über aktuelle (rechts-)politische Themen auszutauschen sowie mehr über die Arbeit in einem Abgeordnetenbüro zu erfahren.
Mahmut Özdemir, dessen Einladung wir gefolgt sind, hat selbst an unserer Fakultät studiert (Schwerpunkt: Öffentliches Recht) und ist aktives Vorstandsmitglied im Freundeskreis der juristischen Fakultät der HHU. Seit der Bundestagswahl 2013 vertritt er den Wahlkreis Duisburg II (116), in dem er selbst aufgewachsen ist, im Deutschen Bundestag. Seit der Regierungsbildung der aktuellen Ampel-Koalition fungiert er zudem als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium des Inneren. Zudem ist Herr Özdemir Kapitän des FC Bundestags.
Durch den Besuch des Bundestags und dem anschließenden Gespräch haben wir einen ersten Einblick in die Funktionsweise des Parlaments und der Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter erlangt.
Samstag, 11.06. – Gedenkstätte Hohenschönhausen
Am letzten Tag der Berlinreise des Freundeskreises der HHU besuchten wir die Gedenkstätte Hohenschönhausen, ein ehemaliges Stasi-Gefängnis. Nach seiner Schließung im Oktober 1930 wurde es aus Bürgergesuch erhalten und in ein Museum umgewandelt, um an die Schicksale von „Regimegegnern“ der DDR zu erinnern. Vor Ort bekamen wir zunächst eine kurze Einführung durch einen Film, in dem die Geschichte des Gefängnisses erklärt wurde. So war das Gelände ursprünglich eine Großküche der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt, bevor es in ein Sammel- und Durchgangslager für z.B. Spione oder Saboteure wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde daraus ein Gefängnis der sowjetischen Besatzungsmacht, bevor 1951 die Stasi das Gelände übernahm.
Danach gab es eine Führung mit Zeitzeugen durch die Gedenkstätte. Eine Gruppe lauschte den Ausführungen des Zeitzeugen Lothar Schulz, der sich 1978 auf den Alexanderplatz mit einem Transparent stellte, dass sich gegen die SED richtete. Über diese Kundgebung wurde in den westlichen Medien berichtet, weswegen Stasi-Chef Mielke Herrn Schulz wegen staatlicher Verbindungsaufnahme gegen die DDR verdächtigte. Er wurde wegen “Beeinträchtigung staatlicher Tätigkeit“ zu einem Jahr und zehn Monaten Haft verurteilt. Über 1400 Seiten führte die Stasi schlussendlich in einer Akte über sein Leben aus. Zudem war seine Wohnung verwanzt. Aufgrund unseres Studiums der Rechtswissenschaften passte er seinen Vortrag und seine Führung an uns an und erklärte uns dann vor allem die psychischen Auswirkungen einer Inhaftierung auf die Insassen.
Der Zeitzeuge, der die zweite Gruppe herumführte, wurde bei seinem Fluchtversuch während eines Bulgarienurlaubs verhaftet und verbrachte zunächst drei Wochen in einem bulgarischen Gefängnis. Danach wurde er in ein Gefängnis in Leipzig gebracht. Da die Stasi-Gefängnisse in Deutschland fast gleich aufgebaut waren, konnte er uns viel von seinen Erfahrungen anhand des Museums selbst erklären. So wurden die Gefangenen beispielsweise in einem Auto ohne Fenster transportiert und in einer Art Garage herausgelassen, damit sie weder das Gelände noch die Umgebung sehen konnten. Nach 5 Monaten Haft wurde „unser“ Zeitzeuge von der BRD freigekauft und durfte ausreisen. In der darauffolgenden Zeit halfen ihm viele Gespräche über das Erlebte dabei, diese Zeit zu verarbeiten.
Besonders beeindruckend war es in einer ehemaligen Einzelzelle stehen zu können, dies ist schon nach kurzer Zeit beklemmend, weshalb man sich gar nicht ausmalen möchte, wie schlimm es für Häftlinge dort gewesen sein muss, die dort - unter extrem schlechten Bedingungen - für längere Zeit ausharren mussten.
Insgesamt haben wir die Gedenkstätte Hohenschönhausen als sehr lehrreiche Station erfunden, die uns auch nachhaltig noch beschäftigt.