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Juristinnen und Juristen im Dialog: JuristInnen im Notariat

Online Veranstaltung in der Reihe "Juristinnen und Juristen im Dialog".

Am 06.07.2021 fand bereits zum 13. Mal eine Veranstaltung in der Reihe „Juristinnen und Juristen im Dialog“ statt, zu der Frau Prof. Dr. Katharina Lugani als Fakultätsgleichstellungsbeauftragte herzlich einlud. Dieses Mal sollte es um „JuristInnen im Notariat“ gehen und zu dem Zweck waren den etwa 50 TeilnehmerInnen per Zoom Frau Linda Blumberg-Heise und Herr Dr. Klaus Oertel zugeschaltet.

Frau Linda Blumberg-Heise ist seit 2016 Anwaltsnotarin in Oberhausen. Sie hat zwei Kinder und arbeitet in einer mittelständischen Kanzlei, die gleichzeitig Notariat ist. Für den Beruf der Notarin hat sie sich entschieden, weil sie die Herausforderung genießt und in der friedlichen und gestaltenden Tätigkeit eine angenehme Abwechslung zum eher streitlustigen Anwaltsberuf sieht.

Herr Dr. Klaus Oertel ist Nur-Notar in einem Notariat in einer Sozietät. Er hat drei Kinder und arbeitet in Düsseldorf. Er hat im öffentlichen Recht promoviert und war zunächst Jurist in einem Unternehmen in der Telekommunikationsbranche, bevor er sich für die Notarslaufbahn entschied. Seinen Worten nach machen Umwege nämlich Spaß! Heute liest er im Schwerpunktbereich 1 die Vorlesung Immobiliarsachenrecht und erfreut sich an der Arbeit des Notars, weil er inhaltlich unabhängig arbeiten kann, das Vertrauen genießt, das ihm von Amts wegen entgegengebracht wird und immer etwas Neues auf den Schreibtisch kommt. Außerdem fehle ihm die Robustheit, die es im Anwaltsberuf braucht, um auch Niederlagen wegstecken zu können.

Nach einer kleinen Vorstellungsrunde beschrieben die beiden NotarInnen ihren Arbeitsalltag. So nutze man etwa ein Drittel der Zeit für die Arbeit mit dem Mandanten direkt, beispielsweise in Besprechungen oder in Beurkundungen. Ein weiteres Drittel sei Arbeit an Entwürfen, Kommunikation und Recherche. Das letzte Drittel dann wenden sie für die Verwaltung der Sozietät oder der Kanzlei auf.

Thematisch können MandantInnen mit praktisch allem an NotarInnen herantreten. „Man erlebt die ganze Bandbreite des Menschlichen. Das fängt beim Kirchenaustritt an und hört bei der Unternehmensveräußerung auf.“ Man ist nicht auf ein bestimmtes Rechtsgebiet beschränkt, obwohl sich natürlich häufig im Laufe der Zeit eine Spezialisierung herausbildet. Wichtig ist, dass das Notariat ein öffentliches Amt ist, man also einem schwierigen Mandat nicht einfach ausweichen kann.

Ein wichtiger Teil der Arbeit besteht darin, dem juristischen Laien fachlich komplexe Texte zu erläutern, diesbezüglich hat die Rechtsprechung hohe Anforderungen an die NotarInnen. Zur Veranschaulichung sei gesagt, dass ein normaler, vom Notar beurkundeter Kaufvertrag im Durchschnitt etwa 13 Seiten hat, NotarInnen also eine essentielle Aufgabe als „Übersetzer“ erfüllen.

NotarInnen sind dabei jedoch anders als etwa AnwältInnen keine Interessenvertreter, die für die eine oder für die andere Seite streiten, sondern vielmehr VermittlerInnen. Dennoch begegnen ihnen im Alltag genauso viele unterschiedliche Lebenssachverhalte. Die Tätigkeiten eines Notars, insbesondere seine Beurkundungspflicht, haben es auch während der Corona-Pandemie notwendig gemacht, weiterhin in Präsenz für die Mandantschaft da zu sein. So hat sich die Pandemie, von den üblichen Hygienevorkehrungen einmal abgesehen, kaum auf das Notariat ausgewirkt. Daran kann man auch sehen, dass im Notariat weniger Flexibilität möglich ist als etwa in der freien Wirtschaft. NotarInnen können nicht im HomeOffice oder aus dem Ausland arbeiten und müssen zu den üblichen Verkehrszeiten vor Ort im Büro sein. Dafür ist die konstruktive Arbeit mit Menschen sehr erfüllend.

Es gibt zwei Arten von Notaren. Frau Blumberg-Heise etwa ist Anwaltsnotarin. Eine solche wird man, indem man nach den zwei Staatsexamina zunächst die Anwaltszulassung erwirbt. Bevor man als NotarIn arbeiten kann, muss man mindestens fünf Jahre als RechtsanwältIn tätig sein und mindestens drei Jahre den ständigen Sitz im Bezirk des zukünftigen Notariats gehabt haben. Außerdem muss man zur Zulassung ein „drittes Staatsexamen“ bestehen. Dieses beinhaltet, ähnlich wie die ersten beiden Examina, vier Klausuren und eine mündliche Prüfung, für die man sich aber selbst vorbereiten muss. Die Bewerbung auf eine freie Notariatsstelle setzt sich dann zu 60% aus der Note des 3. Examens und zu 40% aus der Note des 2. Examens zusammen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Zugang zum Notariat abhängig von freien Stellen im Bezirk (den man sich schließlich nicht frei aussuchen kann) ist. Je nach Bezirk kann es nur etwa einmal im Jahr eine Ausschreibung geben und dann zählen ausschließlich die Noten und nicht die persönliche Eignung, zumal es heutzutage immer mehr Bewerber gibt.

Beim Nur-Notariat dagegen gibt es so etwas wie das „dritte Examen“ nicht. Man hat keine Anwaltszulassung und kann dementsprechend nicht vor Gericht auftreten. Stattdessen bewirbt man sich nach dem zweiten Staatsexamen und wird, wenn man angenommen wird, zum Notarassessor ernannt. Anschließend hat man eine gewisse Zeit der praktischen Ausbildung und kann sich dann auf frei werdende Stellen melden. Um angenommen zu werden, braucht es dafür üblicherweise mindestens zwei Mal „Vollbefriedigend“ in den beiden Staatsexamina. Eine Promotion, so Herr Dr. Oertel, ist wenig hilfreich im Bewerbungsverfahren, wenn auch natürlich sehr lehrreich für den Lebensweg. Es ist bei der Bewerbung für das Nur-Notariat außerdem förderlich, wenn man sich bereits vorher mit dem Notariat befasst hat, also etwa schon ein Praktikum darin absolviert hat.

Da die Veranstaltung von Frau Prof. Dr. Lugani ja im Rahmen ihrer Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragten organisiert wird, wandte sich das Gespräch bald der Frage nach dem Frauenanteil im Beruf und der Vereinbarkeit mit einem erfüllten Familienleben zu.

Frau Blumberg-Heise war vorbereitet und konnte eine Statistik vorlegen, nach der momentan nur etwa 15% aller AnwaltsnotarInnen und etwa 24% aller Nur-NotarInnen Frauen sind. Diese Anteile sind im Vergleich zu den Berufsfeldern der RechtsanwältInnen oder RichterInnen natürlich noch sehr gering und dringend ausbaufähig. Frau Blumberg-Heise konnte sich das nur so erklären, dass das Notariat immer noch im Denken der Menschen als sehr männlich geprägt gilt. Außerdem sei es natürlich schwierig, nach erfolgreichen zwei Staatsexamina, die ja nicht unerheblich viel Zeit in Anspruch nehmen, auch noch ein drittes Staatsexamen für das Anwaltsnotariat zu absolvieren.

Dabei waren sich unsere ReferentInnen eigentlich einig, dass es durchaus sehr gut möglich ist, das Notariat mit der Familie zu vereinen. So kann man etwa einen ständigen Vertreter oder eine ständige Vertreterin für sein Amt benennen und damit etwa drei Jahre in Elternzeit zu verbringen. Da NotarInnen selbstständig sind, ist es im Rahmen der oben geschilderten Arbeitsbedingungen gut möglich, flexibel und kurzfristig zu planen. Man ist als NotarIn natürlich an einen bestimmten Sitz gebunden und daher langfristig sesshaft, was der Kindererziehung durchaus zugute komme. Man sei nicht abhängig von fremdbestimmten Erwägungen und könnte abgesehen von der Urkundsgewährungspflicht ein reduziertes Pensum arbeiten.

Die Selbstständigkeit bedingt natürlich noch einen anderen Faktor, nämlich den Verdienst. Abhängig von dem eigenen Arbeitspensum verdiene man, so die ReferentInnen, weniger als in der Großkanzlei, aber dafür mehr als im Richteramt, wobei dem Verdienst durch das GNotKG und Arbeitskraft nach oben hin Grenzen gesetzt werden.

Zuletzt wollten die ReferentInnen bekräftigen, dass der Beruf des Notars oder der Notarin eine vielseitige und feingliedrige Tätigkeit sei, die sehr viel spannender sei, als es das Klischee vermuten lässt. Als NotarIn sollte man insbesondere pflichtbewusst und selbstständig sein und gut erklären können. Falls man Einstiegsgelegenheiten suche, werden an vielen Notariaten immer gute Studentische oder Wissenschaftliche Hilfskräfte und MitarbeiterInnen gesucht, auch VolljuristInnen sind als Fachangestellte heiß begehrt. Wer nur einmal reinschnuppern möchte, kann sich mindestens ein halbes Jahr im Voraus als PraktikantIn der Rechtspflege bewerben, auch eine Station im Referendariat, wie etwa die Anwaltsstation oder die Wahlstation, ist beim Nur-Notar möglich.

Als letzte Worte wollten die ReferentInnen noch unseren Studierenden mit auf den Weg geben, dass man so viele verschiedene Bereiche kennenlernen solle, wie möglich, und das Fehler, so ärgerlich sie sein mögen, jedem passieren. Was für ein schönes Schlusswort!

Wir dagegen möchten den beiden NotarInnen unseren Dank aussprechen für die gelungene Veranstaltung und ihre Offenheit und hoffen, es hat allen Teilnehmenden gefallen! Herzlicher Dank gilt auch den studentischen Hilfskräften Svenja Eckert und Marie Schetter für die Organisation der Veranstaltung. Jegliches Feedback kann gerne gerichtet werden an .

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