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Juristinnen und Juristen im Dialog: JuristInnen in der Großkanzlei

Online-Veranstaltung in der Reihe: "Juristinnen und Juristen im Dialog"

Am 08.11.2021 fand zum 14. Mal eine Veranstaltung in der Reihe „Juristinnen und Juristen im Dialog“ statt, zu der Frau Prof. Dr. Katharina Lugani als Fakultätsgleichstellungsbeauftragte herzlich einlud. Dieses Mal sollte es um „Juristinnen und Juristen in der Großkanzlei“ gehen und zu dem Zweck waren den etwa 65 TeilnehmerInnen per Zoom Frau Dr. Natalie Daghles und Frau Karolina Lange-Kulmann (LL.M. (Medizinrecht)) zugeschaltet.

Frau Dr. Natalie Daghles ist Rechtsanwältin und Partnerin bei Noerr. Dort ist sie Mitglied der Practice Groups „Gesellschaftsrecht/M&A“ und „Private Equity“. Sie hat zwei Kinder im Grundschulalter und arbeitet in Vollzeit. Frau Dr. Daghles kam zur Großkanzlei durch eine Stelle als Wissenschaftliche Mitarbeiterin und arbeitete auch im Referendariat in einer Großkanzlei. Ihr gefällt an ihrer Tätigkeit unter anderem die Möglichkeit, international zu arbeiten und in Verhandlungen mit anderen Parteien kulturelle Erfahrungen zu machen. Generell spielt für sie die Verhandlungsarbeit und die Arbeit im Team mit KollegInnen eine große Rolle. Frau Daghles ist im Vorstand der deutschlandweiten Cross-Mentoring Initiative Women into Leadership e.V., in der sich viele Unternehmen wie VW, SAP und E.ON zusammengeschlossen haben, um weibliche Talente zu fördern. Noerr ist ebenfalls Mitglied der Initiative. 

Frau Karolina Lange-Kulmann ist Rechtsanwältin und Salary Partnerin bei Taylor Wessing und dort Mitglied in der über 40 Rechtsanwälte umfassenden Industry Group Healthcare. Sie hat den LL.M.-Studiengang im Medizinrecht hier an der HHU absolviert und hat derzeit einen Lehrauftrag an der HHL Leipzig sowie der AS Akademie für freiberufliche Selbstverwaltung und Praxismanagement bei der Bundeszahnärztekammer. Aktuell gehört sie weiterhin bei Taylor Wessing einem „Diversity Council“ an, der 2018 ins Leben gerufen wurde und sich unter anderem zum Ziel gesetzt hat, Vielfalt zu fördern und paritätische Verhältnisse in der Partnerschaft von Taylor Wessing zu schaffen. Die Möglichkeit, neben Ihrer Dissertation in Teilzeit zu arbeiten, war für Frau Lange-Kulmann ein Anreiz, in der Großkanzlei, statt in einer Boutique ihre erste Arbeitsstelle anzutreten. Auch ihr gefällt vor allem die Teamarbeit und die Möglichkeit der Arbeit mit verschiedensten Akteuren aus dem Gesundheitssektor sowie die Unterstützung von Mandanten dabei, ihre Ideen „auf die Straße zu bringen“.

Zunächst schilderten die Anwältinnen ihren Tagesablauf, der sich nie wirklich vorhersagen lasse. So sei ein Teil des Tages geprägt von organisatorischen Aufgaben, die die Arbeit im Team mit sich bringt. Insbesondere Frau Dr. Daghles ist dabei als Partnerin auch eingebunden in Fragen der Unternehmensorganisation der Kanzlei. Weiterhin stünden natürlich viele Kontakte mit MandantInnen und Verhandlungen an. Diese seien seit der Corona-Pandemie häufig online möglich; gerade im Bereich der Geschäftsreisen habe sich viel getan. Ansonsten sei der Tagesablauf stark abhängig von jeweiligen Projektarbeiten und könne daher auch nicht verallgemeinert werden. Dennoch habe man natürlich auch immer einiges an Schreibarbeit. Die Arbeit im Team bringe jedoch mit sich, dass ein gewisses Maß an Flexibilität möglich wird. So habe man beispielsweise keine gänzlich festen Arbeitszeiten, sondern könne sich mit seinem Team absprechen, wie es am besten funktioniert. Dabei fällt natürlich im Durchschnitt dennoch etwas mehr Arbeit an als in einem klassischen 9-to-5-Beruf.

Gerade in den letzten Jahren habe sich bei der Flexibilität viel getan. Mittlerweile ist zumindest im Umfeld unserer Referentinnen die Wochenendarbeit seltener geworden, wenn auch nicht ganz verschwunden. Auch sonst sehe man einen Generationenwechsel im Berufsethos. Spontanität ist als Dienstleister, als den man sich als Anwalt versteht, freilich immer wichtig. Durch die Arbeit im Team sei indes niemand wirklich unersetzlich und zunehmend könne bei Terminkollisionen vertreten werden. Dadurch sei es immer öfter auch möglich, private Termine flexibel wahrzunehmen.

Dies unterstützt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Unsere Referentinnen halten es für möglich, beides „unter einen Hut“ zu bringen. Auch wenn man natürlich in beiden Welten zwangsweise gewisse Abstriche machen muss. Trotz alledem scheint die Hemmschwelle zur Karriere bei Frauen immer noch höher zu sein als bei Männern. Frau Lange-Kulmann nennt traditionelle Zahlen. Während bei Taylor Wessing die Einstellungsquote von Frauen bei etwa 50% liegt, sind derzeit bloß rund 12% der Equity PartnerInnen Frauen. Diese Zahl steigt zwar kontinuierlich, ist jedoch bei weitem noch nicht zufriedenstellend. Allerdings scheint der Wandel ins Rollen zu kommen. Immer mehr männliche Anwälte gehen heutzutage in Elternzeit, was gern gesehen würde, und die Zahl der Angebote für Mütter wird größer. In beiden Kanzleien besteht inzwischen auch ein Anrecht auf Tage im HomeOffice. Solange man also entsprechend plant, scheint auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf möglich zu sein. Frau Dr. Daghles gibt diesbezüglich den Rat mit auf den Weg, dass der erste und wichtigste Schritt in der Richtung wohl die offene Kommunikation über die Verteilung der Haushalts- und Betreuungsarbeit in der eigenen Beziehung ist.

Weiterhin gaben die Referentinnen Auskunft über Einstellungsvoraussetzungen und Verdienstmöglichkeiten. Ersteres variiert, grundsätzlich wird in beiden Staatsexamina ein vollbefriedigend oder besser gefordert. Taylor Wessing orientiert sich allgemein an der zwei-aus-vier-Regel. So muss man mindestens zwei der vier folgenden Voraussetzungen mitbringen: Vollbefriedigend im ersten oder im zweiten Staatsexamen, LL.M. oder Promotion. Auf anderem Wege ist es natürlich auch möglich, nach einer Referendariats-/ oder Wiss.Mit.-Stelle übernommen zu werden, wenn man sich im Team profiliert hat und sich dort wohlfühlt. Erfüllt man aber die Voraussetzungen, so winken z.T. sechsstellige Jahresgehälter als Einstiegsgehalt. Das Gehalt, so betonten die Referentinnen nachdrücklich, solle nicht der einzige Grund zur Arbeit in der Großkanzlei sein – es müsse einem auch Spaß machen.

Inzwischen haben sich in Großkanzleien verschiedene Stufen der Anstellung entwickelt. So wird man nach dem zweiten Staatsexamen als Associate eingestellt und bleibt dies für ca. drei Jahre. Anschließend wird man Senior Associate. Danach besteht die Möglichkeit, sich in einer weiteren Stufe Salary PartnerIn zu werden. Hier unterscheidet Taylor Wessing zwischen einer Experten- und einer Unternehmer-Laufbahn, wobei ein Wechsel aus der einen in die andere möglich ist. Aufgabe der Salary PartnerInnen-Unternehmer ist zusätzlich die Mandantenakquise. Bei Noerr besteht die Möglichkeit, sich zum „Counsel“ oder „Associated Partner“ weiterzuentwickeln. Zuletzt kann man Equity PartnerIn werden. Dieses System ermöglicht es, für verschiedene Lebenswege unterschiedliche Modelle zu entwickeln und Karrieren individuell auf Wünsche zuzuschneiden. Außerdem kann man so langfristig auch die eigene Karriere planen.

Zuletzt gaben uns die Referentinnen auf den Weg, dass man, um seinen eigenen Weg zu finden, einfach ausprobieren muss, was einem gefällt. Oft mache man sich im Vorhinein viel zu viele Gedanken, die sich am Ende überhaupt nicht gelohnt haben. Denn zum Schluss ist es das Bauchgefühl und der Instinkt, der jedem verrät, was er tun sollte. Was für wunderbare Schlussworte!

Wir dagegen möchten den beiden wunderbaren Referentinnen unseren Dank aussprechen für die gelungene Veranstaltung und ihre Offenheit und hoffen, es hat allen Teilnehmenden gefallen! Herzlicher Dank gilt auch den studentischen Hilfskräften Svenja Eckert und Marie Schetter für die Organisation der Veranstaltung. Feedback kann gerne gerichtet werden an .

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