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Führt ein Verstoß gegen die Vorgaben der Schuldenbremse zur Nichtigkeit des Kreditvertrages?

Die Neuverschuldung des Staates stieg im Zuge der Corona Pandemie in ungekannte Höhen. Dabei erlaubt die 2009 im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse nur eine sehr begrenzte Nettoneuverschuldung, um zukünftige Generationen vor einer zu großen Schuldenlast zu schützen. Zulässig war die Kreditaufnahme lediglich, weil von Ausnahmetatbeständen Gebrauch gemacht wurde. An der Verbindlichkeit der Schuldenbremse ändert dieser Umstand nichts. Doch was sind eigentlich die Folgen, wenn der Staat mehr Kredite aufnimmt, als die Verfassung erlaubt? Patrick Hauser vom Institut für Kartellrecht analysiert dies in seinem im Nomos Verlag erschienenen Buch „Auswirkungen der Schuldenbremse im Privatrecht“ aus einem neuen Blickwinkel.

Die Arbeit untersucht, ob sich Verstöße gegen die Schuldenbremse auf die individuellen Kreditverträge zwischen dem Staat und seinen Gläubigern, also Banken, Fonds, Sparerinnen und Sparer auswirken. Die Arbeit kommt dabei zu dem Ergebnis, dass die grundgesetzliche Schuldenbremse ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB darstellt. Der Verstoß gegen die Vorgaben der Schuldenbremse kann daher zur Nichtigkeit der Kreditverträge bzw. Anleihen führen, sofern die Kreditaufnahme nicht von einem verfassungskonformen Kreditermächtigungsgesetz gedeckt ist. Die nichtigen Verträge oder Anleihen sind bereicherungsrechtlich rückabzuwickeln. Die bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsansprüche sind unmittelbar fällig, so dass eine Verlagerung der Rückzahlungspflichten auf zukünftige Generationen (bspw. durch 30-jährige Bundesanleihen) nicht möglich ist. Zukünftige Generationen werden wirksam vor zu hohen Schulden geschützt.

Die daraus folgenden Implikationen für die staatliche Finanzierungspraxis sind zweifellos erheblich, wie die Arbeit auch darlegt. In der Folge haben jedoch auch die Kreditgeber ein Interesse daran, die Kreditaufnahme des Staates zu kontrollieren, um eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung zu vermeiden. Durch eine intensive vorherige Kontrolle der zulässigen Kreditaufnahme sowie ggf. die spätere bereicherungsrechtliche Rückabwicklung der nichtigen Anleihen noch vor deren vereinbarter Fälligkeit ist eine Art „private enforcement“ der Vorgaben der Schuldenbremse möglich. Dieser Ansatz verhilft der Schuldenbremse zu mehr Durchschlagskraft und sichert dadurch den Schutzzweck der Schuldenbremse.

Kategorie/n: Jura allgemein, Kersting
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